Grenzegang – Grenzgang

Der Grenzgang oder der “Gang entlang der Grenze”, steht für eine Grenzbegehung, um die Korrektheit einer (Gemeinde-) Grenze zu kontrollieren, die Grenzmarkierungen freizuschneiden und den neuen Bürgern und der jüngeren Generation die Kenntnis über den Verlauf der Grenzen zu vermitteln. Der Grenzegang fand anfangs als eine amtliche Grenzbegehung statt, die alle ein oder zwei Jahre wiederholt wurde und mit der Zeit in einigen Orten sogar zu einem Volksfest wurde.

In Hessen als Grenzgang oder Grenzegang bekannt, wird dieser andernorts der Schnadegang, mitunter auch Schnadezug, Schnatgang, Schnadgang oder Flurumgang und im Burgenland Hottergang genannt und ist in zahlreichen Gemeinden, vor allem in Westfalen, Hessen, im Burgenland sowie in der niedersächsischen Stadt Osnabrück ein wiederbelebter oder seit Jahrhunderten bestehender Brauch der Grenzbegehung. „Schnade“, niederdeutsch auch „Snat“ oder „Schnaot“, ist verwandt mit „Schneise“ und bedeutet Grenze. „Hotter“ leitet sich von ungarisch határ ab und bedeutet ebenfalls Grenze. Ein ähnlicher Brauch ist der in der Nordwestschweiz bekannte Banntag.

Früher dienten zunächst Waldschneisen, Bäche, Hecken oder Gräben als Grenzmarkierung. Bis zum 17. Jahrhundert dienten zur Markierung auch eigens gepflanzte Bäume, in die Zeichenschläger mit der Axt ein Kreuz oder ein Loch (Lochbaum) (siehe in unserer Nähe die „Hohle Eiche“ in Bad Homburg oder die Lochmühle (1699) in Weilrod / Ts., deren Name von den Lochbäumen abgeleitet ist) hineinschlugen. Später ging man zur Verwendung von Grenzsteinen (Hutesteine) über. Diese bestanden übrigens häufig aus einem anderen Material als die Gesteine aus der Umgebung, damit man die Grenzsteine besser von den natürlichen Steinen unterscheiden konnte.
Im 18 Jhdt. wurde begonnen, die Grenzmarkierungen durch schwere Steine zu ersetzen. Eine Kontrolle war nicht mehr in dem Maße notwendig. Diese Grenzsteine waren zudem durch “Zeugen” im Untergrund und Feldgeschworene dokumentiert.

Heute, mit dem Wegfall und der Digitalisierung der Kataster sind solche Grenzgänge de jure zwar hinfällig geworden, doch bleibt der interessante Aspekt der Geschichte eines Grenzverlaufes und derer Zeugen, die Historischen, unter Denkmalschutz stehenden Grenzmale.

Peter Hübner 2023

Quellen u.a.:
Adolf Sellmann: Über Grenze, Grenzsteine und Grenzfrevel. In: Allgemeine Vermessungs-Nachrichten. 1931, S. 243 ff
Sachakte:  Irrungen zwischen den Grafen von Hanau und Königstein wegen des hanauischen Teils am Wald bei Ortenberg gen. die Grombach, darin Verzeichnis der Lochbäume, 1550 (HStAM Bestand 81 Nr. C/791)
Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, 2. Jahresbericht; Jg. 7. 1890